Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit in der DDR

Das Fragment vom Mensch

Hauptthema des Fragments ist der Mensch, gemeint ist hier der Neue Mensch als sozialistische Persönlichkeit. Dies war ein von der SED propagiertes Menschenideal, das mit den „Zehn Geboten der sozialistischen Moral“1958 von Walter Ulbricht als Programm ausgegeben wurde.

Ziel war es, die Erziehung zum Neuen Menschen von frühester Kindheit über Kindergarten, Volksschule, Teilnahme an Organisationen wie Pionieren, FDJ zu leiten; nur wer dem Ideal folgte, konnte von der Polytechnischen Oberschule (POS) auf die Erweiterte Oberschule EOS wechseln und letztlich das Abitur ablegen und danach studieren. Kindern aus oppositionellen oder christlichen Elternhäusern blieb der Zugang zu höherer Bildung oft versagt, sodass der Widerspruch zwischen dem sozialistischen Bildungssystem und dem propagierten Gleichheitsgrundsatz offenbar wurde.

Doch blieb der Anteil der echt „sozialistisch geprägten“ Persönlichkeiten geringer als von der SED erhofft. Vielmehr versuchten viele DDR-Bürger, der Lenkung und Kontrolle ihres gesamten Lebens zu entgehen.

Fragment vom Mensch

Eine Art Tagebuch

Zu einem so umfangreichen Werk, wie es Thomas Körner hier vorgelegt hat, gehört vielleicht auch die private Seite.
Diese legt Körner vor im Fünften Kasten des Fragments vom Wort.

Hier erfahren wir Leser einige der Gedanken Körners zu seinen Fluchtplänen, welche Bücher er gerade liest oder welche Gartenarbeiten er heute erledigt hat, aber auch den Zusammenhang zwischen Michelangelo in Dresden und dem „kommentarlosen realismus“

Zusammenhang zwischen Michelangelo und Kommentarloser Realismus

es ist dies nacktester und kommentarloser realismus

Macht des Volkes in der DDR

 

Vor der Entscheidung für die Auswahl zu einem Fragment, kann man sich entscheiden zwischen einer Art Vorwort, das Robustes Mandat für den Leser heißt, und einer Auswahl mit dem Titel Entwurf mit Direktive.
Beim Klick auf die zweite Auswahl kommt man zu einer Foto-Animation. Man sieht den Autor Thomas Körner, der den Wortlaut eines Gesetzesentwurfs  vergleicht mit der letztendlich ausgegebenen Direktive.

Vergleich des Entwurfs mit der Direktive

Vor jedem Beschluss zu einer Gesetzesdirektive stand die Formulierung eines Entwurfs, die dann nach einer (Volks-)Aussprache noch Veränderungen hätte erfahren können.
Die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik von 1968 gibt in Art. 21 Abs.2 den Bürgern der DDR die Möglichkeit, in Volksabstimmungen ihren Willen zu beurkunden. Die Kompetenz zur Durchführung einer Volksabstimmung liegt allerdings im Ermessen der Volkskammer (Art. 53). Durch Art. 65 Abs 3. wurde das bereits vor Erlass der neuen Verfassung geübte Verfahren der sogenannten Volksdiskussion eingeführt. Darunter wurde eine Volksaussprache verstanden, bei der der Gesetzentwurf innerhalb ausgewählter Fachkreise diskutiert wurde.

Wie umfassend die Fachkreise ihre Mitbestimmungsrechte genutzt haben, beweist Körner mit seinem Vergleich: es sind überhaupt keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen worden, sondern syntaktische, statt eines Semikolons ein Komma, statt des Wortes bis das Zeichen eines Gedankenstrichs, der Begriff Stärke wurde durch das Wort Stärkung ersetzt.

Vergleichen Sie selbst:

Entwurf mit Direktive.