Ausflug aus dem Roman: Weitere Musiktexte von Thomas Körner: DER INTENDANT. Ein Satyrspiel. Musik von Franz Hummel, Libretto von Thomas Körner

Zitat: DER INTENDANT. EIN SATYRSPIEL ist eine Kopfgeburt aus dem hochgebildeten Schädel des Librettisten Thomas Körner, der für seine „Theateroper“, so der Untertitel, alles aufbietet, was die Brettergeschichte hergibt. – Auszug aus „Musiktexte 1997 – Ausgaben 67 – 72, S. 110

oder

im Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert Bd.7 Experimentelles Musik- und Tanztheater auf S. 224 liest man:

Der große politische Reformator Michail G. erscheint in Thomas Körners tragikomischem Libretto bei der Probe für eine Politbürositzung … Gleichermaßen wurde die Fabrikation eines Mythos und seine Demontage sichtbar und hörbar gemacht…. Das „Satyrspiel“ vom Intendanten in der Bundeskunsthalle in Bonn folgt wiederum einem Libretto von Thomas Körner. Es entpuppte sich als Theateroper voll Selbstreflexion der Gattung, gestützt auf eine viersätzige Suite für Streichquintett, Klarinette, Horn und Klavierduo.

Ausflug aus dem Roman: Zusammenarbeit Körners mit der Komponistin Adriana Hölszky, u.a. Libretti für die Oper BREMER FREIHEIT, für DIE WÄNDE nach J. Genet und das Experimentalstück TRAGÖDIA (Der unsichtbare Raum)

Der Musikwissenschaftler Peter Petersen beschreibt Adriana Hölzsky als eine der profiliertesten Persönlichkeiten der gegenwärtigen Musik. Sie habe eine Musiksprache mit ganz eigenen Zügen entwickelt. Diese sei mehr auf der Seite der Geräusche denn auf der Seite der Tonhöhen angesiedelt, man könne es eher Klangkunst nennen.

Hölszky wolle mit ihrer Musik „auf den ganzen Menschen wirken, nicht nur auf seine Fähigkeit, Beziehungen zwischen Tönen und Geräuschen herzustellen.“

Sie hat fünf abendfüllende Opern komponiert. Zu drei von ihnen hat Thomas Körner die Libretti geschrieben.

Es handelt sich um die Opern

BREMER FREIHEIT nach Rainer Werner Fassbinder – Singwerk auf ein Frauenleben
Uraufführung 1988 in München zur Biennale für neues Musiktheater

DIE WÄNDE nach Jean Genet’s Les Paravents, Musik-Theater in drei Akten (1993-95), Uraufführung in Wien zu den Wiener Festwochen 1995

TRAGÖDIA (Der unsichtbare Raum) 1996/97 Ein Werk mit theatralischen Räumen für Bühnenbild, 18 Instrumentalisten, Tonband und Live-Elektronik,
Uraufführung 1997 in Bonn in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

Adriana Hölszky sagt zu dem Experimental-Stück TRAGÖDIA:

„Es gibt zwar einen Text (von Thomas Körner), aber der erscheint nicht. Ich kenne ihn zwar, aber ich habe daraus nur die Strukturen genutzt, Verszahlen gezählt, und daraus die Länge der Abschnitte in den Sektionen bestimmt. Klanglich kommen immer wieder Situationen und Säulen, die einen Ablauf unterbrechen. Schnittstellen. Vielleicht hat das etwas mit dem Tragischen zu tun, das Körner in antiken Allegorien versammelt. Das Ganze hat 13 Abschnitte, die unterschiedlich lang sind und Subsektionen haben. Es ist wie eine Plastik. Die Materialien haben so die Funktion, die eigentlich die Figuren hätten. “

(Diese Aussagen kann man in der Ausgabe „Musiktheater Oper und Ballett 2012“ des Musik-Verlags Breitkopf & Härtel unter dem Stichwort Adriana Hölszky (auf S. 38 – 43) nachlesen. Zu finden hier)

Ausflug aus dem Roman: Opern-Silhouette nach einer Idee von Thomas Körner DAS MÄRCHEN NACH EWIG UND DREI TAGEN. Musik von Wilfried-Maria Danner, Libretto von Thomas Körner 1996

Im Werkverzeichnis des Komponisten Wilfried-Maria Danner findet man den Eintrag zur Oper DAS MÄRCHEN NACH EWIG UND DREI TAGEN.

Dauer 90 Minuten, Uraufführung war im Juni 2000 im Rahmen der „Schwetzinger Festspiele“

Dazu zeigt das Archiv der ARD folgenden Beitrag:

(Der link ist in der Browserzeile zu sehen)


Sowohl für die Oper „Das Märchen nach ewig und drei Tagen“ mit der Musik von Danner als auch für die in dem Auszug genannte Oper GUTE MIENE BÖSES SPIEL mit der Musik von Karl-Wieland Kurz sind die Libretti von Thomas Körner geschrieben worden.

Ausflug aus dem Roman: FANFERLIESCHEN – SCHÖNEFÜSSCHEN“ – eine Märchenoper mit der Musik von Kurt Schwertsik, Libretto von Karin und Thomas Körner, als Auftragswerk der Stuttgarter Staatsoper

Auch diese Oper, die am 24. November 1983 im Kammertheater Stuttgart uraufgeführt wurde, wird immer mal wieder gespielt, u.a. im Wuppertaler Opernhaus (18.01.2009).

In der Österreichischen Musikzeitschrift (Jahr 1984, Bd. 39, S. 36) wird die Musik des Wiener Komponisten Kurt Schwertsik zur Oper Fanferlieschen – Schönefüßchen der „neuen Einfachheit“ zugerechnet, wie sie auch von Dennis Russell Davies favorisiert werde ( u.a. im Gandhi-Projekt „Satyagraha“ von Philip Glass). An dessen Erfolge knüpfe die Märchenoper Fanferlieschen – Schönefüßchen an.

Das von Karin und Thomas Körner geschriebene Libretto des neuen „Opernmusicals“ beruhe auf einem romantischen Kunstmärchen von Clemens Brentano mit höchst komplexer Erzählstruktur. Der veränderten, gerafften Fassung der Geschichte fehle alles, was an moderner „Verwilderung“ in Brentanos Vorlage steckt. …

Diese Rezension von Klaus-Michael Hinz kann hier eingesehen werden.

Kurt Schwertsik arbeitet im Jahr 1995 nochmals mit Körner zusammen. Körner schreibt das Libretto für seine Operette „Der Ewige Frieden“.

Für das Gandhi-Projekt „Satyagraha“ schrieb Körner die deutsche Fassung (Übersetzung der Textbilder ins Deutsche). Diese Oper thematisiert den Besuch Gandhis in Südafrika und wurde zuletzt 2017 in der Komischen Oper in Berlin aufgeführt, für deren Aufführung hier die Ankündigungen und ein umfangreiches Programmheft über den Inhalt der Oper hier eingesehen werden kann.

Ausflug aus dem Roman: Zur Oper R. HOT BZW. DIE HITZE – Eine avantgardistische Antwort! Auszüge aus dem Semper! Magazin der Saison 2015/2016 zur Premiere am 11. Dezember 2015

Zur Premiere der Oper R.HOT BZW. DIE HITZE von Friedrich Goldmann und Thomas Körner schreibt das Semper! Magazin:

Aber heißt das GELEBT?

Das Libretto schrieb Körner in Anlehnung an das Drama „Der Engländer“ von Jakob Michael Reinhold Lenz, der als Vertreter des Sturm und Drang 1775/76 „seiner Titelfigur einen guten Teil der verzehrenden Hitze einschrieb, die ihm selbst brannte.“ – Zitat aus dem Artikel im Semper! Magazin No.3 2015/2016, S. 18-20.

Diese Figur Robert Hot wird als Alter Ego des Schriftstellers Lenz gesehen.

Weiter liest man im Magazin:

Körner und Goldmann schreiben keine Oper, sonder eine »Opernfantasie« ; kein reflektiertes, klassisch strukturiertes Kunstwerk, sondern ein »überhitztes« Gedankenspiel, in dem alles durchknallt. 112 dramatische, komische und phantastische Posen, Momentaufnahmen, die manchmal nur wenige Takte und Worte dauern. Posen sind „der Moment, an dem der Föhn in die Wanne fällt. Und dann ist das Licht aus“, denkt der Sprachsezierer Körner die Lenz’sche Bildwelt weiter.

In der Oper findet das Stück ein utopisches Ende als Erfindung von Goldmann und Körner, die ihrem Hot anders als in der Vorlage eine Überlebenschance einräumen wollten, eine Möglichkeit, in einer Gesellschaft seinen Platz zu finden, in der Typen wie er eigentlich nicht vorgesehen sind.

Zitat weiter:

Das Aufbegehren gegen Autoritäten aller Art ausgerechnet in der DDR in ein Stück Neue Musik zu packen, scheint aus heutiger Sicht ebenfalls ein utopisches Unterfangen. Doch 1971 war Walter Ulbricht als Staatschef abgesetzt worden, es ging ein befreites Atmen durch die Kunstszene, Tauwetter herrschte auf den Bühnen, alles oder zumindest viel mehr schien möglich. Körner und Goldmann ließen sich mitreißen von dieser allgemeinen Aufbruchsstimmung, ihre Opernfantasie entstand in einem begeisterten Rausch.

Doch … der langsam mahlende reale Theaterbetrieb legte dem euphorischen Duo Steine in den Weg. Erst 1977, drei Jahre nach Beendigung des Werkes , fand im Apollo-Saal der Staatsoper Berlin die Uraufführung statt. …

Herausstechend aus der deutschen Opernlandschaft, wurde das Werk bald darauf in Stuttgart, Schwerin, Braunschweig und Hamburg gezeigt, bevor es 1986 am Kleinen Haus Dresden erstmals aufgeführt wurde.

Für Goldmann, der 2009 starb, ist es sein einziges Musiktheaterstück geblieben. Sowohl auf die Musiker als auch auf die Sänger warten besondere Herausforderungen in diesem Stück, wenn Hot von seinen Gefühlen übermannt wird.

„Kann diese Verwirrung von Gefühlen eine Sprache finden?“ – Dieses Lenz-Zitat ist der Partitur vorangestellt.

Goldmann und Körner geben darauf eine Antwort, die nicht nur innerhalb der DDR-Musik avantgardistisch war, sondern nach wie vor ein intensives, mitreißendes Erlebnis bleibt. – Ende des Zitats.

Auszug aus einem Interview von Anne Gerber:

„Vielleicht sind wir ja die Verrückten“ – Regisseur Manfred Weiss über Lenz, Hot und andere faszinierende Außenseiter

Lenz habe einmal gesagt, er wolle nicht nur eine Geschichte erzählen, sondern hunderte. In Körners Libretto spiegelt sich diese Idee in dem Prinzip der Posen wider: Jede Pose ist eine Erzählung für sich, …

Hot thematisiert das Aufbegehren der junge Generation gegen die ältere – typisch für den Sturm und Drang, aber nach Weiss‘ Ansicht auch für die heutige Jugend geeignet:

Es geht nicht nur um den Widerstand, sondern auch darum, einen eigenen Lebensentwurf, eine eigene Perspektive für die persönliche Zukunft zu entwickeln. Wir neigen dazu, jeden, der nicht reinpasst, als Verrükten, Außenseiter oder Aussteiger abzustempeln. Aber vielleicht sind wir ja die Verrückten? …

Die Fortsetzung des Interviews findet man auf S. 21 des Semper! Magazins No. 3.

Das Semper! Magazin No. 3 2015/2016 kann hier eingesehen werden.