Warum schreibt Körner Lesespiele

Körner erkennt schon in den siebziger Jahren, dass die Romanform für den Bildschirm nicht ideal ist. Er sucht neue Formen für seine Texte.

Er ahnt auch, dass der Leser am Bildschirm sich nicht so konzentrieren wird wie beim Lesen eines Buches. Er sucht neue Formen der Gestaltung von Texten, die den Leser ansprechen.

Bedenken muss Körner während der Zeit der 70er Jahre in der DDR, die er Vakuole nennt, dass er jederzeit von der Staatssicherheit „erwischt“ werden kann, wenn er regimekritische Gedanken niederschreibt. Der Groll des Überwachungssystems STASI richtete sich jedch nicht nur gegen Kritik, sondern auch gegen neue (Kunst-)Verfahren, die nicht dem sozialistischen Realismus entsprechen. Neue Verfahren waren damals z.B. Cut Ups von William Burroughs, die er womöglich im Rauschzustand erstellte, visuelle Poesie und surrealistisches Schreiben. Der Appell von Leslie Fiedler 1968: „Überquert die Grenze, schließt den Graben“ forderte auch ein neues, tolerantes, offenes Denken.

Damit die Staatssicherheit (Stasi) bei ihm kein zusammenhängendes Manuskript finden konnte, hatte sich Körner überlegt, auf Karteikarten zu schreiben. Zusätzlich hat er in der Erzählung zwischen einer realistischen und einer ironischen Sprache gewechselt, der Stimme des kommentarlosen Realisten oder des barbarocken Kabarattisten.

Auch seine Lesespiele dienten der Verschleierung: einerseits hatte er die witzige Idee, der sozialistischen Spieltheorie zu einem Auftritt zu verhelfen und zweitens konnte er in den Spielen seine regimekritischen Gedanken geschickt verpacken. Denn die Mitarbeiter der Staatssicherheit (STASI) lauerten überall. Deshalb musste man sich und sein Schreiben maskieren.

Die amerikanischen Künstlerinnen Jane und Louise Wilson haben die Einschüchterungs- und Folterwerkzeuge der Stasi im Gefängnis von Hohenschönhausen in der DDR eindrucksvoll festgehalten in einer Video-Installation mit dem Titel STASI CITY. Diese wird derzeit wieder gezeigt anlässlich der Ausstellung Everything is Connected: Art and Conspiracy im Metropolitan Museum New York:

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