Thomas Körner
Unermeßlich mir zugestoßene Liebkosung
Eine purgatorische Bilanz
Die purgatorische Bilanz läßt sich verstehen als poetisch-intellektuelle
Konstruktion, in welcher die Zustände geistiger Freiheit sich
synchronizistisch verhalten können. Diese Synchronizität schließt die
bisher erörterten Phasen der Selbstwerdung ein und erweitert die
Darstellung räumlicher Sprachzeichenensemble bis zur Idee einer, der
relativistischen vergleichbaren synchronizistischen Schreibweise.
Damit greifen diese Texttafeln die sieben Sternbilder aus dem
Fragment von der Flucht wieder auf und führen sie im Sinne
der galaktischen Phase der Selbstwerdung (Fragment vom Buch,
Dritter Kasten) weiter. Allerdings verlangt die Konstruktion eine
insgesamt veränderte Auffassung, die ich als idealischen
Kunstsinn des apollinischen Mannes bezeichne. (Mit Bezug zum
naivischen Tatsachensinn des puer aeternus und dem
heroischen Möglichkeitssinn des luziferischen Jünglings.)
Die Tafeln beschreiben jedenfalls nicht, sondern erzeugen eine ideelle
Welt, der als Ausgangspunkt eine Welt des Bedingten zugrunde liegt.
Annähernd das Wesen der Dinge in möglichst genauen Verstandes-
begriffen auszudrücken, quasi als Gesamtheit der Fakten, wie sie durch
meditatives, lesendes Anschauen und Bedenken entsteht,
ist der Sinn der Mandalaförmigkeit der Tafeln.
Das mag durchaus erinnern an die frühen Strichdiagramme und
Wortgraphiken im Fragment vom Buch oder die nicht erhaltenen
Arbeiten mit verschiedenfarbigem Papier auf Glas – was aber erreicht
werden soll, ist eine intelligible, transzendente, durch Denken
entstandene und durch Denken vollziehbare Lektüre.
Kürzer gesagt: Gegeben wird ein Begriff des Bedingten, dessen Inhalt
der Leser sich erdenken mag, möglich durch die Vorstellung des
Purgatoriums nicht als „ post mortem“ zu verhängendem – vielmehr
ist damit das gelebte Menschsein selbst gemeint.
Im Folgenden sehen Sie den Bauplan und die sieben Tafeln.
Alle Fotos von: Christina Nachtsheim