Lesesystematik am Beispiel Richard III von Shakespeare

Lesen mit System

Lesen bedeutet bei Thomas Körner Zergliedern und Wieder-im-richtigen-Verhältnis-Zusammensetzen. Das kann auch eine Systematik sein, wie unten gezeigt wird.

Der Leser soll intensiv und bedächtig den Lesestoff „in psychischer und physischer Tätigkeit“ rezipieren. Physisch lesen bedeutet,  jeden Satz, jedes Wort einzeln intensiv wahrzunehmen, ohne Beachtung der Grammatik, Interpunktion, Gliederung, d.h. jeden Satz in Worte, Metaphern in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen. Psychisch lesen bedeutet, die gewonnenen Einzelteile für sich mit Sinn neu aufzuladen und im richtigen Verhältnis (für den durch den Leser erstellten Text)  wieder zusammenzusetzen. Diese intensive Lese-Tätigkeit versteht Körner unter dem Begriff »Ensemblieren«.

Dabei sollte der Leser auch gleich noch einer eigenen Systematik folgen, z.B. das Material (z.B. nach einem System) ordnen, es theatralisch oder experimentell inszenieren. Sein eigenes System des Lesens beschreibt Körner sehr ausführlich an seinen Notizen zu Shakespeares Richard III im Fragment vom Buch Vierter Kasten.

Wenn Sie dies nachvollziehen wollen, geht es hier lang:

Beispiel für die Systematik in Körners Lese-Notizen zu Shakespeares Richard III

Lesen von Gemälden und Zeichnungen – Lesen als Zeremonie

Beziehungen stellt Körner auch zu anderen Schriftstellern her, oft genannt werden Robert Musil und Arno Schmidt.

Hier soll das Augenmerk nochmals darauf gerichtet werden, dass Körner sehr oft Bezüge zu Bildern oder hier den Zeichnungen Georg Trakls herstellt und dabei auf ein Lesen – statt eines Betrachtens – verweist:

sehendes Lesen als geistliche Zeremonie – einer Zeremonie in Kontemplation und Langsamkeit

Lesen als Ritus

Lesen als Entziffern, wie die ersten Bibelleser die Heilige Schrift entziffert haben, um darin das Wort Gottes zu finden

Die (Lese-)notizen Körners zeigen an Beispielen, wie er Lesen als das kontemplative Nachvollziehen von Texten verstanden hat. Diese kann man im Vierten Kasten des Fragments vom Buch einsehen.

Sprachfixierung behindert unser Denken beim Lesen

Körner macht sich Gedanken zum Lese-Schreib-Zusammenhang.

Lesen ist Augenbewegung, auch eine Bewegung des Denkens, der Sprache, der Zeichen.

Eingeschränkt ist unsere Denkbewegung durch die Trägheit der fixierten Sprache. Nach Meinung Körners sind schon zu viele Wort- und Satzkonstruktionen festgefahren, die Stellen in unserem Gehirn fest belegt mit einer Sinnkonstellation, obwohl es viele gäbe.

Er wünscht sich die Auflösung dieser Sprachfixierung, wir sollen uns von den alten Fesseln befreien, uns lösen, uns der Sinnsuche öffnen.

Was lesen wir, wenn wir deraltemann lesen (die Körner im Folgenden additiv lineare Reihe nennt) ? Wir nutzen unsere Regeln der Rechtschreibung, der Grammatik, der Interpunktion und „erkennen“.

Thomas Körner hat da so seine eigene Vorstellung:

Was Körner meint, verstehen Sie vielleicht besser, wenn Sie folgende Zeichen lesen:

oder:

Wer mehr über die Tücke der Lücken in additiv linearen Reihen erfahren möchte, kann hier weiterlesen:

Zur Lücke in additiv linearen Reihen und weitere Fesseln unserer Sprache

Kleiner Navigationstipp für Neueinsteiger:

Um im Fragment voran zu navigieren, klicke man auf die zwei kleinen Pfeile rechts oben neben der Überschrift der „Karteikarte“.