Das Fragment vom Wort

Dieses Fragment trägt den Titel DDR – eine Sprachanstalt – Fragment vom Wort und wird mit dem Bild namens Wortkasten eingeführt. Es weist auf das Spiel mit Worten hin, das in der DDR gern gespielt wurde:

Das Wort in der DDR wurde verfremdet, verschlüsselt, seine Bedeutung verschoben, ironisiert, satyrisiert (Thomas Körner verwendet statt Satire gern die Schreibweise mit y und lässt die Assoziation an Satyrspiel anklingen). In Presse, Agitation und Propaganda, und Parteisprache der DDR wurden Worte anders verwendet als gedacht oder es wurde gar nichts gesagt und man musste zwischen den Zeilen lesen.

Jeder Kasten kann gedeutet werden :
Sprach-Wort-Leere –  d! d! r! –

Wortkasten als Eingang zum Fragment vom Wort

Die Gestalten aus Klingsohrs Märchen

Im Fragment von der Weltanschauung verfremdet Körner die Gestalten aus Heinrich von Ofterdingen von Novalis alias Friedrich Freiherr von Hardenberg.

Die ursprünglich archetypischen Figuren wurden bereits von Novalis für sein Märchen umbesetzt. Körner stellt weitere Analogien her, die die Situation der DDR nach Mauerbau verbildlichen sollen.

Die Verfremdung der Gestalten aus Klingsohrs Märchen im Fragment von der Weltanschauung.jpg

Hier lesen wir den Theaterzettel zum dramatisierten Essay:

Theaterzettel zum dramatisierten Essay – Fragment von der Weltanschauung

Thomas Körner zeigt, wie man das ideologische Trauma durch die sechzehn Gestalten als Textspiel gestalten kann.

Spielen Sie mal!

Die „persönliche materielle Interessiertheit“

Im Lesespiel von der Mitgliederversammlung werden u.a. die von der DDR-Führung propagierten Prinzipien der Kybernetik spielerisch aufgegriffen und zur Diskussion gestellt:

Das von Georg Klaus publizierte Buch („Spieltheorie in philosophischer Sicht“, Berlin 1968) erregte schon 1969 Kritik vor allem von Seiten der DDR-Polit-Prominenz, die ihre Führungsrolle oder die der Partei in Gefahr sahen. Nach dem Aufstand in Prag entwickelte sich eine anti-kybernetische Wende, die bei der Machtübernahme Honeckers auf dem achten Parteitag zu einer offiziellen Abkehr von der Kybernetik führte. 1971 wurde dann das von Hager und Apel entworfene Modell des Nationalen Ökonomischen Systems zur Planung und Lenkung (NÖSPL) umbenannt in Ökonomisches System des Sozialismus (ÖSS). Wenn man diese detaillierten Partei- und Funktionsverzahnungen als Leser vorher recherchiert, kann man die Diskussion im Lesespiel auf verschiedene Weise interpretieren, z.B. wie in der DDR Meinungen gemacht wurden und wie Honecker sich gegen Ulbricht durchsetzte. Es zeigt letztlich die Selbstüberschätzung von Ulbricht:

Mit der Entthronisierung Ulbrichts wurde auch der Kybernetik-Papst Klaus abgesetzt, denn die bisherigen Perspektivpläne (z.B. die von 1959-1965) hatten nicht den ökonomischen Erfolg gebracht, den sie vorher verheißen hatten. Für den Fünfjahrplan 1971-1975 mussten Modifizierungen eingearbeitet werden in Form eines leistungsabhängigen Lohnfonds; gleichzeitig wurde die Bildung eines Prämienfonds entwickelt, bei dem die „persönliche materielle Interessiertheit“ als Hebel für die Leistungssteigerung der Werktätigen genutzt werden sollte. Dadurch sollten die DDR-Bürger angeregt werden, „im eigenen Interesse Leistungen zu vollbringen, die den Erfordernissen der Gesellschaft entsprechen.“Lesespiel WULB zum Fünfjahrplan

Honeckers erklärtes Ziel war die Ausgestaltung der „entwickelten sozialistischen Gesellschaft“.

 

Lesespiel von der Demonstration

Auch im dritten Lesespiel nimmt uns Körner mit auf eine Reise in die ehemalige DDR bzw. ins Fernsehen, denn daraus kennen wir diese Bilder.

Kunstvoll kann der Leser durchspielen, wie die Parteiführung und die verschiedenen ausführenden Organe die alljährlich stattfindenden Jahresfeiern vorbereitet hat und die Konserven aus den Archiven immer wieder verwendet wurden, um die wie jedes Jahr fähnchenschwenkenden Menschenmengen an den Straßen im Fernsehen zeigen zu können.

Spielen Sie hier selbst lesend durch, wie die Demonstrationen der Macht im Hintergrund inszeniert wurden (apropos Demonstration: man beachte den gänzlich anderen Gebrauch des Begriffes Demonstration in der DDR im Vergleich zur BRD)
Inszenierung zum 1.Mai – jedes Jahr wieder